Die vom Verband der Deutschen Automobilindustrie VDA veranstaltete 62. Internationale Automobilausstellung IAA PkW ist am letzten Sonntag fast mit einem neuen Besucherrekord zu Ende gegangen. Nicht ganz eine Million Besucher haben sich an den dreizehn Messetagen über den aktuellen Stand der Dinge bei den internationalen Autoherstellern und Zuliefern informiert. Während der Messe wurden insgesamt 88 Weltpremieren gezeigt. So wurde z.B. die Umweltstudie C-Cactus von Citroën enthüllt und fand große Zustimmung und Beachtung.
Überhaupt spielte das Thema „Umwelt“ eine große Rolle auf der Messe. Im Vorfeld wurde diese IAA als die“grünste IAA aller Zeiten“ bezeichnet. Tasächlich zeigte sich während der Messe teilweise aber ein ganz anderes Bild. Die umweltfreundlichen Inzenierungen für die Fachbesucher wurden bei einigen Ausstellern angeblich über Nacht umgebaut um dem allgemeinen Publikum wie üblich PS- und CO2 Emissionsstarke vermeindliche „Traumautos“ zu präsentieren.
Vor allem die deutsche Automobilindustrie hat eindrucksvoll demonstriert, wie schwer sie sich mit wirklichen Ideen und deren Umsetzung für die automobile Zukunft tut. Anstatt die freiwilligen Vereinbarungen hinsichtlich der CO2 Emissionen in die Tat umzusetzen, waren sie eifrig bemüht, ihre Autos als die umweltfreundlichsten überhaupt darzustellen.
So wies z.B. Audi am Rande darauf hin, dass man seit zehn Jahren an Hybridtechnologien arbeitet. Kaufen oder fahren kann man die Technik in Ingolstadt aber nicht. Der weltweit über eine Million mal verkaufte Toyota Prius dagegen wird von den deutschen Herstellern und der Politik als reiner Marketing-Erfolg verlacht. Die mit viel Aufwand angekündigten „Blue Motion“ Modelle von Volkswagen fanden im Gegensatz zu Tiguan und Touareg wenig Beachtung auf dem Messestand. Zurecht, denn wer mit geglättetem Unterboden und simpler Motoroptimierung ernsthaft auf die Umweltanforderungen reagieren will, trifft wirklich nicht den Nerv der Zeit.
BMW verpackte seine Zukunftsvision mit dem Schlagwort „Efficient Dynamics“ und dem Claim „Vernunft. Jetzt aufregend“. Die Autos aus München gehören zwar zu den effizientesten auf dem Markt, etwas wirklich neues, für die Zukunft wegweisendes war aber nicht zu sehen. Statt dessen wurde der Concept X6 präsentiert und als „Sports Active Coupe“ dargestellt.
Mercedes-Benz inszenierte seinen „Stand“ wie gewohnt als Museum für Autos. Im Mittelpunkt stand aber nicht „Die Zukunft des Automobils“, sondern die Weltpremiere F 700. Das Brennstoffzellen Modell F600
wurde mit dem Anspruch „Zero-Emission“ präsentiert und angekündigt, dass das Modell bis 2010 auf dem Markt sein wird – allerdings als „Kleinserie“. Die ganze gegenwärtige Absurdität wurde deutlich, wer die Festhalle wieder verlassen hatte: Direkt hinter dem McLaren Sportcoupe mit einem CO2 Ausstoß von weit über 400 g/km stand ein interaktiver Fahrsimulator von Mercedes, in dem man lernen konnte, verbrauchsarm zu fahren.
Auto fahren ist schon lange keine Privatsache mehr und es ist offensichtlich, dass es nicht ausreicht, wenn internationale Gremien wie die EU Kommision auf die freiwillige Umsetzung von vagen CO2 Grenzwerten setzen. Angesichts der immer dramatischer werdenden Klimasituation sind eigentlich radikalere Maßnahmen nötig. Warum z.B. nicht einfach die Motorleistung bei 200 PS deckeln, ein Bedarfsnachweis vor dem Kauf eines riesigen Geländewagens oder CO2 Obergrenzen für jeden Sitzplatz? Die schon geforderte Besteuerung nach CO2 Ausstoß und ein allgemeines Tempolimit könnten und müssten sofort umgesetzt werden. Kurioserweise ist während der IAA ein entsprechender Antrag von Grünen und Linken im Bundestag von CDU, CSU, SPD und FDP abgelehnt worden.
Erst wenn bei Industrie, Lobby, Politik und Verbrauchern ein radikales Umdenken in Richtung „weniger Verbrauch“ statt „mehr Leistung“ einsetzt wird das erreicht werden, was mit dem verbissenen Festhalten an großen, teuren „Premium“-Autos angeblich erreicht werden soll: Die Zukunft als Auto-Standort.
Und ein Beitrag zur Erhaltung „unserer“ Erde.