Die Internetangebote vieler deutscher Tageszeitungen und Nachrichtenmagazine verlieren an Niveau und Bedeutung. Das zeigt ein Gutachten im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung der Autoren Steffen Range und Roland Schweins.
Das Gutachten zeigt auf, inwieweit sich durch die Fixierung auf Klickraten das Denken der Verleger, das Handeln der Journalisten und die Methoden der Werbekunden verändern. …
Sie schreiben „Nachrichten werden im Web nicht nach Wichtigkeit und Relevanz ausgewählt, sondern nach Einschaltquote„. Daraus resultiere eine Themenselektion im „vorauseilenden Gehorsam„. Alles Handeln sei ausgerichtet an den Bedürfnissen von Suchmaschinen und am Massengeschmack. Die Verlage ahmen die Erfolgsrezepte der Unterhaltungsportale nach und wenden deren zweifelhafte Methoden zur Steigerung der Klickraten an. Sie setzen auf seichte Themen, Klatsch und Tratsch, Bildergalerien und Gewinnspiele.
Hierzu schreiben die Autoren:
„Die wenigsten Klicks der verlegerischen Sites gehen auf redaktionelle Inhalte zurück. Die meisten Portale und wohl auch Zeitungen generieren nicht einmal ein Fünftel ihrer Zugriffe aus originären redaktionellen Texten. Das Gros der Klicks ist dem Einsatz von Bildergalerien, dem Zugriff auf Wertpapierdepots, Partnerbörsen, Aktienkurs-Abfragen, Job-Datenbanken geschuldet, die allesamt in die Klickstatistik einfließen.“ und weiter „Kennzeichen des tatsächlich vorherrschenden Nachrichten-Journalismus sind Zweitverwertung, Agenturhörigkeit, Holzschnittartigkeit, Eindimensionalität und Einfallslosigkeit. Gegen das Trennungsgebot von Werbung und redaktioneller Berichterstattung wird systematisch verstoßen.“
Zu den Themen Glaubwürdigkeit, Relevanz der Informationen und der den Medien zugeschriebenen Rolle als vierte Gewalt im Staat schreiben sie:
„Infotainment-Journalisten, die dem Volk aufs Maul schauen, taugen nicht mehr als demokratische Aufklärer, Kontrolleure der Regierenden und Mahner der Mächtigen“
Wird dieser kurzsichtigen Fehlentwicklung nicht entgegengearbeitet verlieren die grossen Nachrichtenportale auf Dauer ihre Nutzer. Ihre Aufgabe zur Schaffung von Gegenöffentlichkeit und Qualitätsjournalismus wird dann wohl von anderen übernommen. Professionelle Blogs und unabhängige Websites werden eine zunehmend wichtigere Rolle bei der Beschaffung von Informationen spielen.
Die Studie „Klicks, Quoten, Reizwörter: Nachrichten-Sites im Internet – wie das Web den Journalismus verändert” kann man bei der Friedrich-Ebert-Stiftung herunterladen.
(Quelle: Friedrich-Ebert-Stiftung)